„Unser Schützenverein hat es sich zugetraut“, lautet die Antwort von Schützenchef Udo Peters auf die Frage, wie ein 750 Einwohner-Dorf ein dreitägiges Event mit enormen logistischen Aufwand auf eine zwei Hektar große, von Maispflanzen umgebene Ackerfläche zaubern kann. „Unsere Deepener Nachbarn, die in gesellschaftlichen Dingen seit Ewigkeiten mit Westervesede verbunden sind, kommen ja mit ihren 100 Einwohnern noch dazu“, scherzt der 52-Jährige. „Das Votum für die Bewerbung zur Ausrichtung des Kreisschützenfestes war in der seinerzeitigen Versammlung der Schützenschwestern und Schützenbrüder eindeutig. Weil wir etliche Leute im Ort haben, die organisieren können und Erfahrung im Managen von Veranstaltungen mitbringen. Und genauso wichtig: Mitglieder fassen mit an, wenn sie gebraucht werden. Außerdem sind die weiteren Vereine und die Feuerwehr stets ‚Gewehr bei Fuß‘.“
Es war das mittlerweile 56. Kreisschützenfest. Genauer gesagt das gemeinsame Schützenfest der 51 Schützenvereine im Altkreis Rotenburg. Von Reeßum bis Fintel und von Sothel bis Ottingen waren fast alle Vereine mit ihren Spielmannszügen auf den Beinen. Über 1500 Gäste lautete die Stärkemeldung nach dem Aufmarsch am Sonntagmittag auf dem Festplatz an der Straße ‚Scheepers‘ am westlichen Ortsrand von Westervesede. Kreisschützenpräsident Olaf Rautenberg zeigte sich in seiner Begrüßung nach den beiden bereits vorangegangenen Festtagen sichtlich froh, dass noch einmal ein Verein so viele Mühen auf sich genommen und das Kreisschützenfest nach dem in den vergangenen Jahren lieb gewonnenen Ablaufmuster ausgerichtet hatte. Hermann Luttmann, Landrat und Schützenbruder aus Unterstedt, bestätigte dem veranstaltenden Dorf eine gute Feierfähigkeit über den Karneval hinaus. Ortsbürgermeister Ralf Jürges und Gemeindebürgermeisterin Käthe Dittmer-Scheele setzten den Reigen guter Worte fort. Vor ihnen bot sich das herrliche Panorama der im Halbkreis aufgereihten Vereine. Die meisten mit einem Kind vorneweg, das stolz mit einem Orts- oder Wappen-Schild den Zug anführte. Ebenso beeindruckend die Reihe der Fahnenträger, die allerdings während der Grußworte die freie Sicht auf die amtierenden Kreiskönige und den Kreisschützenvorstand nahmen.
„Aber insgesamt war dieses tolle Bild eine der schönen Entschädigungen nach monatelanger Vorbereitung. Es gab diverse Besprechungen im Vorstand und in einem erweiterten Festkomitee. Zig Telefonate und Mails sowie eine von Chef-Organisatorin Birgit Witte angeführte, emsige WhatsApp-Gruppe halfen uns in der Koordination sehr“, erzählt Udo Peters. Der selbstständige Landwirt hat viele Fäden für das Fest gezogen und selbst einige Male mit gesundem Selbstbewusstsein schwierige Gespräche in die Hand genommen.
‚XXL-Schlagerparty‘ lautete das Motto der Zeltdisco zum Freitagabendauftakt. Dass nur einige Gäste sich mit Schlageroutfit ins Zelt gewagt hatten und das Schlager-Liedgut zu fortgeschrittener Stunde recht überschaubar war, störte niemanden. Über 700 Partywütige feierten bis in die ganz frühen Morgenstunden. Einige hatten noch genügend Restkraft, um diverse Fahnenmasten aus ihren Hülsen zu hieven.
Das Highlight des Kreisschützenfestes war ohne Zweifel der Kommersabend am Samstag. In den vergangenen zehn oder mehr Jahren gab es kein Programm, das mehr Standing Ovations des Publikums eingeheimst hat. Die Erfolgsfaktoren: Wenig Reden, viel Musik und abwechslungsreiche Tänze auf die beiden Bühnen bringen. Das Programmplanungsteam mit Nicole Menke, Ralf Schröder, Ina Behrens, Jan Heitmann, Birgit Witte und Rainer Bassen hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die Auftritte in einer Reihenfolge zu liefern, die flüssig und ohne viele Worte ineinander übergehen.
Mit in Westervesede gewohnter Pünktlichkeit marschierten Spielmannszug und Schützenverein um 19.30 Uhr ins Zelt und überraschten die 1200 Gäste mit einem gemeinsamen Gesang. Sandra Bassen hatte mit ihrem Faible für Dichtkunst einen Liedtext nach der Melodie „Schön ist es auf der Welt zu sein“ kreiert. Der eng befreundete Brockeler Schützenverein überreichte Udo Peters eine Kreisschützenfest-Freundschafts-Erinnerungsfahne. Die beiden Vereine feiern alle zehn Jahre ihr gemeinsames Moorfest im Großen Lohmoor – bereits jetzt haben die Schützen Moor-Vorfreude auf das Jahr 2020.
Zeltmeister Heinz Bassen setzte in seiner unnachahmlichen Weise die Regeln für den Abend fest, verwies alle Schützen auf ihre Plätze und stellte seine ‚Kolleginnen‘ Lotte und Liesbeth (Kerstin Heitmann und Lola Kröger) vor, die einen Tag zu spät zur Zeltreinigung erschienen waren. Mit dem Synchronschwimmen holten Mathias Wehrmann, Jan Heitmann, Hennig Frick, Christian Harms und Jörg Holsten eine erfolgreiche Karnevalsnummer aus dem Archiv; mit Nassfaktor für die vordersten Publikumsplätze. Denise Dittmer und Ralf Schröder traten als klappriges Ehepaar auf die kleine Bühne, um von diversen Mitwirkenden playback gemimte Partylieder anzukündigen und so manchen Witz rauszuhauen. Nach der Programm-Bierpause setzte die Landjugend mit einem eindrucksvollen Tanz-Battle einen Höhepunkt des Abends. Auf den zwei Bühnen im Festzelt stellte eine Gruppe junger Menschen moderne Tänze vor – angefangen mit ‚Modest‘, zu dem zig Besucherkehlen lauthals einstimmten. Der Gegensatz dazu sind die traditionellen Tänze, die die Landjugend pflegt und mit denen sie regelmäßig zu Tanzturnieren reist. Als die jungen Mädchen beim ‚Freischütz‘ zum Abheben ansetzten, gab es keine Hände, die den Rhythmus nicht mitklatschten. Am Ende kamen die beiden rivalisierenden Tanzgruppen dann doch noch verständigt zusammen.
Nachdem Heinz Bassen mit einigen Gästen geulkt hatte, rief er das Schattentheater mit Florian Wahlers, Peter Schmidt und Henning Indorf auf. Der Schützen-Strip nach originellen Liedausschnitten erfrischende nicht nur Frauenherzen. Nahtlos schloss sich das ‚Schwedenfeuer‘ mit einem ABBA-Revival von Steffen Fahjen, Andreas Heitmann, Wolfgang Wichern und Jan Harms an. Mit schrillen Outfits stampften sie durch Bühnennebel und Lichteffekte und zogen zum Abschluss alle Akteure zurück auf die Bühne. Das alles gefiel auch Westervesedes amtierenden Schützenkönig und Schützenverein-Ehrenvorsitzenden Jürgen Huch, er lobte Programm und Akteure mit einem herzlich anerkennenden ‚Chapeau!‘.
Udo Peters ist begeistert über die drei tollen Tage in seinem Heimatort. „Ich habe viele Dankeschön’s zu verteilen, u. a. an das Sound-Patrol-Team von Malte Holsten, das uns professionell durch das Wochenende begleitet hat. Wir hatten seit dem vergangenen Jahr ja nicht nur das Fest vor Augen, sondern mussten im Vorwege eine umfangreiche Sanierungsmaßnahme im Luftgewehr-Schießstand bewältigen, damit wir für die Schießwettbewerbe optimale Voraussetzungen schaffen. Jetzt sind wir erstmal alle platt und freuen uns über den wunderbaren Erfolg. Ich bin mir sicher, dass auf unserem Erntefest am 9. September viele Erinnerungen an das Kreisschützenfest wach werden.“
Eine Auswahl an Bildern ist hier zu sehen. Mehr Bilder oder auch kleine Filme kann man bei Rainer Bassen sehen.