Karl Rennebach schnitzt Truhen, sammelt Altertümer
„Es macht mir Spaß, rohes Holz zu formen!“
Der eine jagt, der andere kegelt – Karl Rennebach, 76jähriger Handwerker aus Westervesede, baut aus Eichenholz Truhen und verziert sie mit schönen Schnitzereien. Mit seinen Holzar-beiten erfreut er Verwandte und Freunde. Der Stellmacher-meister hat indes noch ein anderes Hobby: er betreibt Alter-tumsforschung und sammelt alte Möbel und andere häusliche Gegenstände. In seinem Garten stehen zahlreiche Handwerksgeräte aus, früherer Zeit und ein reetgedecktes Fach-werkhaus, das die in langen Jahren gesammelten Schätze Rennebachs birgt.
Daß es in Rotenburg ein Heimatmuseum und in Scheeßel den Meyerhof und das Heimathausgelände gibt, wo gezeigt wird, wie die Leute hier früher gelebt haben, weiß jeder. Daß jedoch auch das kleine Dorf Westervesede ein kleines Heimatmuseum hat, wissen nur wenige, und noch nicht einmal alle Dorfbewohner. Der Westerveseder Einrichtung fehlt die Publicity, denn es ist kein Verein, der das Museum betreibt, sondern ein Einzelner-. der Stellmachermeister Karl Rennebach. In mühevoller Kleinarbeit hat der 76jährige über Jahre hinweg alte Möbel, Haushalts- und Einrichtungsgegenstände, Bücher und andere Utensilien aus alten Zeiten gesammelt und damit die vier Räume eines kleinen, reetgedeckten Fachwerkhauses ausgestattet.
Das Haus hat Rennebach vor zehn Jahren auf einem gegenüberliegenden Grundstück (Diers-Hus) abgebrochen und in seinem Garten wieder aufgebaut. Sein Schwiegersohn, der Maurermeister ist, hat ihm dabei geholfen. Das Fachwerkgerüst des 1743 erbauten Häuschens ist erhalten geblieben.
Das Fachwerkhaus aus dem 18. Jahrhundert ist ein liebevoll-eingerichtetes Museum Die Innenräume erweisen sich als wahre Schatzkammern in Sachen Kultur- und Heimatpflege. Die beiden Zimmer sind im bäuerlichem Stil eingerichtet. Da ist die gute Stube mit einem Fünf-Platten-Ofen, das gemütliche Eßzimmer mit Feuerstelle und Butzen. Im ersten Stock, über eine schmale Kornspeichertreppe zu erreichen, tritt der Besucher in patrizische Gemächer. Zu vielen seiner liebevoll, wie in einem früheren Haushalt angeordneten Museumsstücke kann Karl Rennebach eine kleine Geschichte erzählen – beispielsweise zu einem alten Stich, der die Schlacht bei Langensalza am 27. Juni 1866 darstellt. „Mein Großvater hat damals bei den Hannoveranern gegen die Preußen gekämpft“, weiß Rennebach. Der grobe Vorderlader, den sein Opa damals benutzte, hängt unter dem gerahmten Bild; desgleichen eine kleine Gedenkmünze, die jeder Krieger damals zur Belohnung erhielt.
„Ich betreibe ein bißchen Altertumsforschung“, berichtet der Rentner, als er die alte Eichentür des Torhauses auf dem gepflasterten Hof aufschließt. In einem niedrigen Raum hat er versteinerte Fossilien, Mineralien und alte Steinwerkzeuge und –speer-spitzen auf einem Tischchen säuberlich nebeneinander aufgereiht. Auf einer Holzplatte gegenüber liegen alte Zeitungen. In einer Ecke steht eine leicht angestaubte Wiege aus Eichenholz, die mit dekorativen Schnitzereien verziert ist und die eingekerbte Jahreszahl 1982 aufweist.
Karl Rennebach hat sie gefertigt. Das ist sein Hobby: Eichenholz zu schönen, soliden Möbelstücken verarbeiten. Geschnitzte Wandbilder mit bäuerlichen Motiven, Truhen, Kästchen, Borde, ja sogar Schreibsekretäre für seine Enkelkinder hat der Rentner schon gemacht – alles Handarbeit. „Ich habe Spaß daran, wenn ich die rauhen Bretter habe, und etwas daraus formen kann!“ Rennebach streicht liebevoll über die glatten Bohlen.
In seiner Werkstatt hinter dem Haus, wo er früher Wagenräder formte, schnitzt er heute Truhen. „Bis vor einigen Jahren habe ich das Holz vom Bauern geholt“, sagt er, „aber die haben heute keines mehr.“ Deshalb kauft er es jetzt beim Bauhandel. Wenn die Dielen gut abgelagert sind, leimt er sie zu Möbeln, meist Truhen, zusammen. Auf die glatte Vorderseite zeichnet er mit Bleistift Phantasiebilder: Bäume, Tiere, Niedersachsenhäuser. Die Leisten an den Kanten werden mit Sonnenrädern und dem Namen und Geburtstag desjenigen, der die Truhe bekommen soll, verziert. Entlang der Bleistiftlinien schnitzt Rennebach dann mit ruhiger Hand das Holz aus.
Damit sich die Bilder vom Untergrund optisch stärker abheben, tönt er sie dunkel. Zuletzt streicht er das Möbelstück mit Mattlack. Rennebachs Truhen sind in seiner Verwandtschaft sehr begehrt. Er hat schon fast allen seinen Enkelkindern solche schönen Stücke gefertigt, „als Aussteuer“, wie er erklärt.
Seit fast 30 Jahren geht er diesem Hobby nach – und hat in dieser Zeit soviel Erfahrung gesammelt, daß seine Arbeiten wahre Meisterwerke sind. Bis Mitte der 50er Jahre war der gebürtige Ahauser Stellmacher. Am vergangenen Donnerstag hat er sein 50 jähriges Meisterjubiläum gefeiert. „Ich habe damals aufgehört, weil dann die Gummiräder kamen, und die Wagen anders gebaut wurden“, erinnert er sich. „Da hab ich nicht mitgemacht!“ Rennebach betrieb dann eine kleine Landwirtschaft und fing an, Eichentruhen zu bauen. „Ich habe schon als Kind geschnitzt“, lacht er, „das hat mir einfach gelegen!“ Sein Talent ist sicher kein Zufall: auch sein Vater hat Holzschnitzereien gemacht. Die vielen alten Gegenstände in seinem kleinen Museum hat Rennebach während seiner 25jährigen Tätigkeit als Amtsbrandmeister gesammelt. Das Gebiet, für das er damals zuständig war, reichte von Westervesede bis Fintel.
Heute geht Rennebach überwiegend seinem Hobby, dem Schnitzen, nach. Dabei fallen so viele Späne ab, dass er damit den Ofen in seiner Werkstatt – ebenfalls ein Museumsstück – anfeuern und den Raum angenehm wärmen kann. Wenn die Sonne scheint, nimmt Karl Rennebach seinen Stock und den Schäferhund und geht spazieren. Manchmal setzt er sich aufs Fahrrad und durchstreift seine Heimat. Aber am liebsten ist er mit Hammer und Stecheisen am Holz zugange. „Wissen Sie“, sagt er schmunzelnd, „der eine geht zum Kegeln, der andere zur Jagd, und ich hab eben hieran meinen Spaß!“ Nur, stillsitzen in der guten Stube, das kann er nicht!
Quelle: Kreiszeitung