(von Hinrich Meyer so as Röhrs Vadder in Westervees dat vertelt hett) Unner de Scheeßeler Koplüer hett dat ganz freuer mal enen geben, de nich rejell bi´n Wegen und bi´n Meten ween is, sien Punden wären to lich un sien Ellen to kort. He is riek dorbi worden, blos as dat mit üm to´n Ennen güng, do hett üm sien slecht Geweten keen Ruh mehr laten. Wenn he nachts nich slapen künn, denn jammer he in een Tur vör sick hin: „O mien Sünden, o mien Sünden! Korte Ellen un lichte Punden.“ So quäl üm sien slecht Geweten, un bit an sien Dod hett he keen ruhige Stünn mehr had. Een´s abens hebbt se üm still begraben. As sien Lüer aber in´n Hus in sien Kammer kiekt, sitt he dar in´n Lehnstohl un jammert woller vör sick hin: „O mien Sünden, o mien Sünden, korte Ellen un lichte Pünden!“ In de Eer had em sien Geweten keen Ruh laten, un sien Geist müss sick wedder mit sien olen Sünden afmaracken. Da hörn sien Lüer vun enen olen Mönch in Verden, de schüll Geister wegbannen künnen. Se loten den Mann denn ja kommen; de sett sick erst mal an den Freustücksdisch, un denn sä he jüm, se schüllen den Geist man up´n Wagen setten un na´n Scheeßeler Holt hinfüern un dar afsetten. „Ja“, se de Knecht,“ un wenn he dann fragen deit, wat he dor schüll, wat müss ick em denn seggen?“ „Denn segg em man“, meen de Mönch, „he schüll de Bööm in´n Holt tellen, un wenn he darmit fertig wör, denn müss he von vörn woller anfangen.“ De Knecht tröch denn ja mit em los. „Kiek di aber nich üm, wenn du em afsett hest“, reup de Mönch em na; „anners sitt de Geist gliek wöller up dienen Wagen.“ De Knecht hett em richtig in´n Scheeßeler Holt afsett, un as de Geist froog, wat he dar schül, segg de Knecht: „De Bööm tellen.“ Un wenn he darmit fertig weur, woll de Geist weeten, wat schüll he dann doon? „Woller vun vörn anfangen“, anter de Knecht un föhr los. He kunnt dat natürlich nich laten un keek sick mal flink na den Geist üm – un as he na Hus köm, set düsser achter em up´n Wagen. „Heff ick mi dacht“, segg de Mönch, „Nu bring em man foorts woller weg un dütmal na´n Linlohsmoor *) un lat em dor de Heid tellen. Aver kiek di nich woller üm.“ De Knecht dä wat em seggt wör, un as de Geist freug, wat he dar schüll, so segg he em: „De Heid tellen, un wenn du dormit torecht büst, dann fangst du weer vun vörn an“. Un de Knecht mak, dat he wechköm un hett sick nich ümkeken. De Geist is noch jümmer bi´n Heide tellen in´n Linlohsmoor ween, as de Buern mit de Tied dar alles kultiviert hebbt. Kuum wör de letzte Heid weg, hett keen een, ok abends nich, den Geist woller seen. De hett endlich sien Ruh in´n Graff funden as in Linlohsmoor keen Heid mehr to tellen wör. Der Geist im Linlohsmoor Unter den Scheeßeler Kaufleuten gab es früher mal einen, bei dem es beim Wiegen und Messen nicht ganz reell zugegangen ist: sein Pfund war zu leicht und seine Ellen zu kurz. Dabei ist er reich geworden, aber als es mit ihm zu Ende ging, da hat sein schlechtes Gewissen keine Ruhe mehr gelassen. Wenn er nachts nicht schlafen konnte, dann jammerte immerzu vor sich hin:“ o meine Sünden, o meine Sünden! Kurze Ellen und leichte Pfunde.“ So quälte ihn sein schlechtes Gewissen, und er hatte bis zu seinem Tod keine ruhige Stunde mehr. Eines Abends haben sie ihn still begraben. Als seine Leute aber im Haus in seine Kammer guckten, sitzt er da im Lehnstuhl und jammert wiedere vor sich hin: „ o meine Sünden, o meine Sünden, kurze Ellen und leichte Pfunde! – Selbst in der Erde hatte ihm sein Gewissen keine Ruhe gelassen, und sein Geist musste sich wieder mit seinen alten Sünden schwer tun. Da hörten seine Leute von einem alten Mönche in Verden, der sollte Geister verbannen können. Sie ließen dann den Mann auch kommen; der setzte sich erstmal an den Frühstückstisch, und dann sagte er ihnen, sie sollten den Geist man auf einen Wagen setzen und zum Scheeßeler Holz bringen und dort absetzen. „Ja“, sagte der Knecht, „und wenn er dann fragt, was er dort soll solle, was müsse er ihm dann sagen?“ „Dann sag ihm man“, meinte der Mönch, „er solle die Bäume im Wald zählen, und wenn er damit fertig sei, dann müsse er wieder von vorne anfangen. Der Knecht zog dann ja auch mit ihm los. „Kuck dich aber nicht um, wenn du ihn abgesetzt hast“, rief der Mönch ihm nach, „ sonst sitzt der Geist gleich wieder auf deinem Wagen.“ Der Knecht hat ihn dann auch richtig im Scheeßeler Holz abgesetzt, und als der Geist fragte, was er da solle. „Die Bäume zählen“; sagte der Knecht. „Und wenn er damit fertigt wäre“, wollte der Geist wissen, „was solle er dann tun?“ „Wieder von vorne anfangen“. Antwortete der Knecht und fuhr los. Er konnte es aber natürlich nicht lassen und guckte sich schnelle noch mal nach dem Geist um – und als er zu Haus ankam, saß dieser hinten auf dem Wagen. „“Hab ich mir so gedacht“, sagte der Mönch,“ nun bring ihn man sofot wieder weg und diesmal in Linlohsmoor und lass ihn dort die Heide zählen. Aber guck dich nicht wieder um.“ Der Knecht tat was ihm gesagt wurde, und als der Geist fragte, was er dort solle, sagte er zu ihm: „Die Heide zäheln, und wenn damit fertig bist, dann fängst du wieder von vorne an.“ Und der Knecht machte, dass er wegkam und hat sich nicht mehr umgeguckt.. Der Geist ist noch immer beim Heidezählen gewesen, als die Bauern mit der Zeit dort alles kultiviert haben. Kaum war die letzte Heide weg, hat niemand – auch abends nicht – den Geist wieder gesehen. Der hat endlich seine Ruhe im Grab gefunden als im Linlohsmoor keine Heide mehr zu zählen war. *) Das Linlohsmoor liegt südlich des Eichenrings am Rand des Scheeßeler Holz. Hier beginnt auch der Linnlohsgraben, der zwischen Veersebrück und Gut Veerse in die Veerse mündet. Das Linlohsmoor wird fälschlich bisweilen auch mit dem nahe liegenden Hahnenhorstmoor gleichgesetzt.