Das hat sicher auch niemand gewusst, dass die Westerveseder das Sägen erfunden haben. Aber das wird wirklich erzählt.

Es waren einmal zwei Bauerntöchter, deren Mutter gestorben war und die sich das Erbe teilen sollten. Diese Teilung ging auch ohne Streit vor sich, bis man auf den großen Kesselhaken kam. Diesen wollten beide gerne haben. Der Streit schien kein Ende nehmen zu wollen. Schließlich lief die Ältere mit ihm davon, aber die jüngere Schwester eilte ihr nach. Unterwegs musste die erste über einen Baum springen, da gelang es der zweiten, den Kesselhaken zu ergreifen mit den Worten: »Mi hört he to!« Aber die andere zog ihn zurück und rief: »Mi hört he to!«
So zogen sie über dem Baumstamm den Kesselhaken hin und her. Aus diese Weise hatten sie schließlich den ganzen Baum zersägt, ohne dass sie es gemerkt hatten.
Das ist die Geschichte von den Westervesedern, die das Sägen erfunden haben.
As de Westerveeser dat Sagen erfunn harrn
Dat het seker uck keeneen weeten, dat de Westerveeser dat Sagen erfunn hebbt! Aber dor ward würklich von snackt! Dor sünd mal twee Buerndöchder wän. Jümmer Mudder wür storben, un de beiden Döchder schulln nu allns arben un sick dat Arfdeel deelen. Dat güng uck anners ganz good, se würn sich in alln bald eenig, – blos een groode Keetelhaken bleew noch nah. Süh, un denn wulln se nu alle beide geern hämm! Dor kunn se sich nich um eenig wardn! Ann Enn leep de Ölst mit denn Keetelhaken weg, aber de Jüngst leep achder ehr, achderen. Ünnerwegs müß de Ölst öber’n Boomstamm springn, de dor öber’n Hoff liggn däh un denn se gistern eerst utn Wohld halt harrn. Dor kreeg de Jüngst den Ketelhaken nu bi tofaten un reep: „Mi hört he to!“ Aber de anner tröck em trügg un meen: „Mi hört he to!“ So tröcken se nu denn Ketelhaken öber denn Boomstamm jümmer hin un her, un up düsse Oart un Wies harrn se ann Enn denn ganzen Boom tweisagt, ahn, dat se dor vörher wat von markt harrn.
Süh, dat is de Geschichd vun den Westerveeser, de dat Sagen mal erfunn hebbt, man bloß, dat die Minschen dor nicks mehr vun weet…
Quelle: Een beten ton högen – Plattdütsch Riemels und Vertellns von Hans-Ludolf Flügge (1958);
Mit freundlicher Genehmigung zur Veröffentlichung von der Freudenthal-Gesellschaft e. V.