Wie Bodenfunde bezeugen, liegt die Ortschaft Westervesede auf einem uralten Siedlungsgebiet. So stammt z.B. das durch Kultivierungsarbeiten zerstörte Hünengräberfeld im „Twervie“ und beim „Kleinen Loh“ aus der Zeit etwa 2500 bis 1500 v. Chr.
Auch das etwa 1850 beim Anlegen eines Weges zwischen Westervesede und der Mühle zutage gekommene Urnenfeld – es sollen Hunderte von Urnen gewesen sein – deutet auf eine Ansiedlung vor bzw. kurz nach Chr. hin. Daraus lässt sich aber nicht eindeutig schließen, dass dies auch die Gründung des Ortes Westervesede war. Aufgrund der zunehmenden Zentralisierung von Wohnstätten dürfte die eigentliche Dorfgründung erst in den ersten Jahrhunderten n. Chr. erfolgt sein. Genauere Jahreszahlen gibt es hierfür jedoch nicht.
Die erste namentliche Erwähnung des Ortes Westervesede erfolgte in der ältesten Verdener Bischofsurkunde aus dem Jahre 1082. Obwohl von dem vermeintlichen Namen Westervesede nur Bruchstücke vorliegen, dürfte der Ort Westervesede gemeint sein. (Diese Urkunde ist offensichtlich inzwischen verschollen; im „Urkundenbuch der Bischöfe .. von Verden“ aus dem Jahr 2001 ist sie jedenfalls nicht enthalten.)
In einer Verdener Urkunde von 1219 wird dann später ein Conradi de Vesethe bzw. 1226 ein Conradi de Vesede und 1267 ein Hermannus de Vesede erwähnt. Bei den vorgenannten handelt es sich um Dienstmannen, die durch die Verdener Bischöfe unter anderem mit der Bewachung der Burg in Rotenburg beauftragt wurden, denn dort hatten die Verdener Bischöfe zu Beginn des 13. Jahrhunderts ihren Sitz genommen. Die Dienstmannen wurden auf Bauernhöfen in der näheren Umgebung angesiedelt. Dabei ist anzunehmen, dass sie einen Hof des Bischof zu Lehen gehabt haben. Wie damals üblich, haben sie sich danach mit ihrem Vornamen und dem Zusatz „von Vesede“ benannt. Das Geschlecht scheint jedoch um 1300 ausgestorben zu sein.
Siehe auch nachstehend: „Auf der Suche nach den Anfängen von Vees“
2019-800 Jahre Vesede
Der Ort „Vesede“ war vermutlich ursprünglich eine Einheit, die sich jedoch im 13./14. Jahrhundert in zwei Teile auseinander entwickelte und in Westervesede und Ostervesede zerfiel. Erstmalig tauchen die Bezeichnungen Westeruesede und Osteruesede in einem Güterverzeichnis der Verdener Kirche um 1320 auf.
Der Ortsname „Vesede“ ist nicht eindeutig zu erklären. Dem Grundwort „sede“ gibt die Ortsnamenforschung die Deutung „Siedlung“. Das Bestimmungswort „ve“ kann sinngemäß nicht mit dem mittelniederdeutschen „Ve“ = Vieh, sondern vielmehr mit dem sehr häufigen Flurnamen „vi“ = Niederung, Bruch zusammenhängen.
Der Vollständigkeit halber soll nicht verschwiegen werden, dass auch der Ort Wiste – östlich von Hepstedt gelegen – sich auf die vorgenannte Urkunde des Bischoffs von Verden beruft. Aus unserer Sicht kann dies nicht logisch nachvollzogen werden, da die Region zwischen Osterholz-Scharmbeck und Zeven eigentlich immer dem Bistum Bremen zugeordnet war und die in der Urkunde benannten Personen (mit ihren Verwandten) einen deutlichen Bezug zur Region Scheeßel-Rotenburg haben.
Ab den 16. Jahrhundert sind Karten für den Norddeutschen Raum überliefert. Die Darstellung unserer Region in den historischen Karten siehe hier: Historische Kartenausschnitte
Die ursprüngliche Anlage des Dorfes lässt erkennen, dass sich die ersten 11 Höfe planmäßig am „Kröpelbach“ entlang angesiedelt haben. *) Jeder Hofplatz hatte seine bestimmte Breite, so dass die Häuser weit voneinander entfernt lagen. Hinter dem Haus befand sich etwas Gartenland, dann folgten der „Wischhof“ und das fließende Wasser. Vor den Häusern führte die Straße entlang und auf der anderen Seite der Straße befand sich auf dem leicht ansteigenden Gelände das trockene Land, die Ackerflur.
*) Ein Blick auf die Karte von 1770 lässt den Namen Kröpelbach nachvollziehen; der ehemals mit Erlen bestandenen Bach mit seinen vielen Windungen hat durch der Ausbau mit Begradigung und den Bau von Stauanlagen (1951-1963) das Aussehen eines gradlienigen kahlen Wasserlaufs (Kanals) erhalten.
An Gebäuden waren meist das Haus, ein Torfschuppen und ein Wagenschuppen sowie ein Backofen hinter dem Haus vorhanden. Bei dem Haus handelte es sich um ein Fachwerkhaus mit reetgedecktem Dach. Durch die gro0e Dielentür gelangte man in den Vorderteil, wo das Vieh untergebracht war. Am Ende der Diele schloss sich das Flett an, wo gekocht und gegessen wurde. Hier saßen auch die Frauen, wenn sie beim Spinnen der Wolle oder des Hanf- und Flachsgarnes waren. Da man am Abend auf den Schein des Feuers oder der Lampen angewiesen war, spielte sich hier der größte Teil des häuslichen Geschehens ab.
Bereits im 15. Jahrhundert versuchte man, die Wirtschaftform zu verbessern, Es wurde darauf geachtet, dass Holzungen nicht verschlagen wurden. Alle Abholzungen waren genehmigungspflichtig; und Aufforstungen wurden verpflichtend.
Eine einschneidende Maßnahme war jedoch die „Neugestaltung der Höfe“. In Westervesede wurden die meisten Höfe in zwei Halbhöfe aufgeteilt. Nur die Höfe von Ziems, Bahls und Geels wurden davon ausgenommen; sie blieben weiterhin Vollhöfe. So ergab es sich, dass sich die Zahl de Höfe von ursprünglich eif durch die Teilung im 16./17. Jahrhundert auf 19 erhöhte.
Eine erste Nachricht über Besitzverhältnisse in Westervesede liegt aus 1553 vor. Die spätere Schatzbeschreibung von 1567 verzeichnete für Westervesede 3 Vollhöfe und 12 Halbhöfe, die dem Verdener Bischof abgabepflichtig waren ; dazu kamen 4 Höfe, die an private Gutsherren bemeiert waren sowie 2 Pflugkötner. Die Höfe in Westervesede waren bemeiert an das Amt Rotenburg (Vogtei Scheeßel) bzw. den Grafen von Bothmer (Gut Lauenbrück) , von Hohnhorst (Gut Veerse) bzw. von Gerstenberg (Amt Rotenburg.)
Die Jordebücher des Kreises Rotenburg 1692/94 geben auch für die Westervesede einen differenzierten Einblick in die Besitzverhältnisse der Höfe und über die ebenfalls festgehaltenen Besteuerungsangaben auch über die wirtschaftliche Situation.
Westervesede hatte 1740/41 183 Einwohner. Diese Zahl ist einem Dokument der groß-britannischen/kurfürstlich braunschweig-lüneburgischen Regierung zu entnehmen, in dem alle Einwohnerzahlen in der Vogtei Scheeßel erfasst sind, damit deren Versorgung mit Brotkorn sichergestellt werden kann. (siehe: unter britischer Herrschaft – Dokument
Viele der noch heute bekannten Flurbezeichnungen lassen sich bereits in den damaligen Auflistungen finden.
Neben den Landwirten gab es 1780 in Westervesede auch Gewerbetreibenden und Handwerkern: 5 als wirkliche Kriegsleute dienende, 10 Frachtfuhrleute, 3 Betreiber von Weberstühle, 69 Krüger/ Brauer/Brantweinbrenner; damit ist offensichtlich bereits damals hier vor Ort die Brantweinbrennerei nicht nur für den Eigenbedarf sondern auch gewerblich betrieben worden.
Es gab damals in Westervesede 29 Wohnhäuser mit 50 Nebengebäuden und es lebten hier 112 Personen über 14 Jahre (62 Manns- und 50 Frauens-Personen).
Fortsetzung: –> Teil II (1850 – 1945 n.Chr.)