Bis etwa 1910 wurden z.B. noch die alten Scheeßeler Trachten getragen. Erst nach und nach löste man sich davon; ältere Leute haben diese zum Teil sogar noch bis in die dreißiger Jahre hinein getragen.
Die Frauen trugen als sonntägliche Tracht aus grünem Woll- und Tuchstoff gefertigte Röcken und Jacken, dazu schwarze Schürzen und buntgemusterte Samtgürtel mit einem zweiteiligen Gürtelschloss. Den Kopf bedeckte eine mit weißer oder bunter Seidenstickerei und herabfallenden Bändern verzierte Haube, die jedoch nur über den Hinterkopf reichte.
Nur bei der Hochzeit und zum Abendmahl wurde anstelle der schwarzen Teile eine weiße Schürze und Haube sowie ein weißes Schultertuch getragen.
Die Sonntagstracht der Männer bestand aus kurzen Hosen aus Leinen oder Tuch, einer Weste und einer Jacke, die jeweils mit zwei Reihen silberner Knöpfe versehen waren. Außerdem gehörte ein buntseidenes Halstuch und ein hoher Zylinderhut (in unserer Gegend auch als Winkelmann bezeichnet) dazu.
Ein besonderes Ereignis in unserem Ort waren von jeher die Verlobungs- und Hochzeitsfeiern, Die Verlobung (»de Löff«) wurde traditionell im Hause der Brauteltern gefeiert. Dazu wurden fast alle Dorfbewohner eingeladen. Man hatte ja schließlich Platz genug auf der Diele, so dass es auf einen mehr oder weniger auch nicht ankam. So kam es denn auch, dass die Verlobung oftmals zu einem richtigen Dorffest wurde, wobei der Brautvater die Zeche zu zahlen hatte.
Wenn dann der Hochzeitstermin herannahte, meistens eine Woche vorher, machte sich auch der »Köstenbidder« auf den Weg. Es wurde der Hut mit bunten Blumen und der Handstock mit bunten Bändern geschmückt, und so ging der Köstenbidder meistens war es ein Bruder von Braut oder Bräutigam – von Haus zu Haus, kündigte mit seinem Spruch die anstehende Hochzeit an und Lud die Leute des Hauses zu diesem Fest ein. Als Dank für die Einladung bekam der Köstenbidder zu trinken und ein wenig Geld mit auf den Weg. Die Tradition des Köstenbidders gehört aber nicht der Vergangenheit an, sondern wird auch heute noch in gleicher Weise fortgeführt.
Am Tage vor der Hochzeit wurde dann der „Kistenwagen“ gefahren. Dies bedeutete, dass die Aussteuer der Braut, die diese vom elterlichen Hof erhielt, zum Bräutigamshaus gefahren wurde. Dazu gehörte ein gefüllter Kleider- und Linnenschrank, vollständige Ehebetten, Teller, Spinnsachen usw., wie auch eine Kuh „nächst der besten“. Auffalend ist, wie oft und genau in Hofchroniken und auch in der Scheeßeler Chronik von Hinrich Meyer der Brautschaft beschrieben ist. Dies läßt die Annahme zu, dass in dem Umfang des Brautschatzes auch die Größe des Hofes des Bautvaters gemwessen wurde, bzw. der Hof nach dem Umfang des Brautschatzes beurteilt wurde.
Ebenfalls noch vor der Hochzeit galt es, die „Ehestiftung“ zu errichten, in der aufgeführt war, was die Brautleute jeweils mit in die Ehe gebracht hatten und was geschehen würde, wenn einer der beieden Eheleute versterben würde. Es wurde als ein Ehevertrag geschlossen.
Am Hochzeitstage dann begleiteten nur wenige Angehörige die Brautleute zur Kirche. Das gesamt restliche Brautvolk erwartete das junge Paar beim Hochzeitshaus, wo die Gäste bereits mit reichlich Getränken versorgt waren, so dass diese oft schon ordentliche in Stimmung waren, wenn das Brautpaar mit der Kutsche angefahren kam. Wichtig war, dass die Braut das Hochzeitshaus durch die große Dielentür betrat, wo das Essen bereits hergerichtet war. Nach dem Essen begann der Tanz; und hatten die Gäste keine Lust mehr zum Tanzen, so gingen sie durchs Dorf. In allen Häusern gab es für die Männer Zigarren und Korn und für die Frauen Kaffee und Kuchen. So wanderte man von Haus zu Haus und längst nicht jeder kam wieder beim Hochzeitshause an.
So fand das familiäre und das dörfliche Geschehen fast ausschließlich auf den Höfen statt, allein schon um möglichst kurze Verkehrsstrecken zu haben, da man damals ja noch keine motorisierten Verkehrsmittel kannte und auch die Wege nur Sandwege oder bestenfalls mit Feldsteinen gepflasterte Straßen waren.
Dieser Beitrag stammt im wesentlichen aus „Westervesede stellt sich vor (1986), Ingrid Bahrenburg“